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Geschrieben von: INSIRE Consulting
14. Oktober 2025

EU-Entwaldungsverordnung (EUDR): Klare Regeln für nachhaltige Lieferketten und globalen Waldschutz

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Lesezeit: 5 Minuten

Die EU-Verordnung 2023/1115, bekannt als EU-Entwaldungsverordnung (EUDR), stellt einen Meilenstein im Kampf gegen globale Entwaldung dar. Seit Juni 2023 in Kraft, verpflichtet sie Unternehmen dazu, nachzuweisen, dass die von ihnen in die EU importierten Rohstoffe und Produkte nicht aus Flächen stammen, die nach dem 31. Dezember 2020 entwaldet wurden. Ziel ist es, Entwaldung weltweit zu stoppen, die EU-Klimaziele zu unterstützen und nachhaltige Lieferketten zu fördern.


Hintergrund und Zielsetzung

Die EUDR ist Teil des EU-„Green Deal“ und der Biodiversitätsstrategie. Sie ersetzt und erweitert die bisherige EU-Holzhandelsverordnung (EUTR) mit einem umfassenden Ansatz, der mehrere Rohstoffe und Produktgruppen umfasst. Getrieben wird die Verordnung vom steigenden Druck durch NGOs, Investoren und Verbraucher, die nachhaltige und transparente Lieferketten fordern, sowie von den dringenden Herausforderungen des Klimawandels und Biodiversitätsverlusts.

Unternehmen aller Größen, von Großkonzernen bis zu kleinen und mittleren Unternehmen (KMU), sind verpflichtet, die neuen Dokumentations- und Sorgfaltspflichten rechtskonform umzusetzen.

Geltungsbereich: Produkte und Adressaten

Die EUDR umfasst eine Vielzahl von Rohstoffen und Produkten, die mit Entwaldung in Verbindung stehen:

  • Rohstoffe: Holz und Holzprodukte (einschließlich Papier), Rindfleisch und andere Rinderprodukte, Soja, Palmöl, Kakao, Kaffee und Naturkautschuk.
  • Fertigerzeugnisse: Möbel, Lederwaren, Reifen, Kosmetikartikel, Lebensmittel und Bauprodukte.

Adressaten sind:

  • Erstverkäufer in der EU, die Produkte erstmals in Verkehr bringen,
  • Produzenten innerhalb der EU, die Rohstoffe weiterverarbeiten oder exportieren,
  • Händler und Plattformbetreiber, sofern kein Erstverkäufer vorhanden ist.

KMU unterliegen gestaffelten Pflichten und verlängerten Übergangsfristen.

Zentrale Pflichten und technische Anforderungen

Unternehmen müssen ein umfassendes, dokumentiertes Due Diligence System (DDS) einrichten, das folgende Elemente umfasst:

  • Risikoanalyse und Risikobewertung: Ermittlung des Entwaldungsrisikos auf Basis von Herkunftsland und Produkt. Die EU veröffentlicht hierzu eine Länderrisikoliste, die jährlich aktualisiert wird.
  • Geolokalisierung: Erfassung der genauen GPS-Koordinaten (Polygon) der Flächen, auf denen die Rohstoffe gewonnen wurden. Dies erfolgt im GeoJSON-Format mit hoher Genauigkeit (mindestens 6 Dezimalstellen).
  • Nachweis der legalen Herkunft: Unternehmen müssen belegen, dass Rohstoffe gemäß lokalen Umwelt- und Landnutzungsrechten gewonnen wurden.
  • Monitoring und Risikominderung: Proaktive Maßnahmen zur Reduktion identifizierter Risiken, z. B. Lieferantenwechsel oder Audits.
  • Dokumentation und Reporting: Meldung der Due-Diligence-Erklärung und aller relevanten Daten vor Einfuhr im EU-Informationsmanagementsystem (EU IMS). Die Dokumentation ist für mindestens fünf Jahre aufzubewahren.

Wichtig ist, dass keine Aggregation oder Aufrechnung über verschiedene Chargen hinweg erlaubt ist – jeder Import muss einzeln rückverfolgbar sein.

Inkrafttreten und Übergangsfristen

  • Großunternehmen (≥ 250 Mitarbeiter oder > 40 Mio. € Umsatz) müssen die DDS-Pflichten inklusive Geolokalisierung bis 30. Dezember 2025 vollständig erfüllen.
  • KMU haben eine verlängerte Übergangsfrist bis 30. Juni 2026 und dürfen zunächst vereinfachte DDS-Systeme nutzen.
  • Bestandsware, die vor Juni 2023 in der EU war, darf bis Mitte 2025 ohne vollständige DDS verkauft werden.
  • Das EU IMS ist seit Dezember 2024 im Pilotbetrieb und wird ab Sommer 2025 vollumfänglich genutzt.

Kontrollmechanismen und Sanktionen

Die Verordnung sieht strenge Kontrollen durch nationale Behörden vor. Die Prüfquoten steigen schrittweise, bis zu 9 % der Lieferungen aus Hochrisikoländern können kontrolliert werden, einschließlich Satellitenüberwachung und Audits.

Verstöße werden sanktioniert mit Bußgeldern von bis zu 4 % des weltweiten Jahresumsatzes, Beschlagnahmungen und gegebenenfalls Handelsverboten. Zusätzlich sind öffentliche Berichte über Verstöße vorgesehen.

Wesentliche Veränderungen für Unternehmen

Die EUDR verlangt eine bisher nie dagewesene Transparenz und Nachverfolgbarkeit auf Flurstück-Ebene. Unternehmen müssen umfangreiche GIS- und IT-Systeme für die Geodatenverarbeitung implementieren und ihre Lieferketten digital abbilden.

Die Verpflichtung zur detaillierten Risikoanalyse und zur aktiven Risikominderung bedeutet einen Paradigmenwechsel: Statt nur Reaktionen sind proaktive Maßnahmen gefordert, wie z. B. Lieferantenwechsel oder die Nutzung von Satellitendaten.

Für viele Unternehmen bedeutet das eine umfassende Umgestaltung der Lieferkettensteuerung, ein professionelles Lieferantenmanagement sowie Schulungen und organisatorische Anpassungen.

Strategische Handlungsempfehlungen

  • Sofortmaßnahmen: Durchführung einer Risikoanalyse nach Produkt und Herkunft, Identifikation kritischer Lieferanten, Aufbau erster GIS-Datenerfassung.
  • Mittelfristig: Aufbau eines automatisierten Due-Diligence-Systems inklusive Integration ins EU IMS, Schulung von Compliance-Teams und Governance-Strukturen.
  • Langfristig: Umgestaltung der Lieferketten zugunsten nachhaltiger Partnerschaften, Nutzung innovativer Technologien für Transparenz und Monitoring.

Die Anpassung an die EUDR wird zunehmend zum Wettbewerbsfaktor, stärkt ESG-Profile und erleichtert den Zugang zu nachhaltigem Kapital.

Fazit

Die EU-Entwaldungsverordnung setzt mit ihrer umfassenden, technisch anspruchsvollen Regulierung neue Standards für globale Nachhaltigkeit und Lieferkettenverantwortung. Unternehmen müssen jetzt handeln, um Fristen einzuhalten und Strafen zu vermeiden. Die Verordnung bietet aber auch Chancen, durch transparente und nachhaltige Lieferketten das eigene Geschäftsmodell zukunftssicher zu gestalten.

Die Anforderungen an Geolokalisierung, Due Diligence und Dokumentation verlangen Investitionen in IT, Prozesse und Organisation. Die EUDR ist damit ein regulatorischer und strategischer Wendepunkt im internationalen Handel – mit Wirkung weit über die EU-Grenzen hinaus.

Erfahren Sie hier mehr über Sustainability ESG.

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